April 1996 - Restaurierungskonzept


Restaurierungskonzept für die erste europäische Binnensee-Automobilfähre MEERSBURG ex KONSTANZ, Baujahr 1928


Restaurierungskonzept: Klaus Kramer als 1. Vorsitzender des Vereins 'Rettet die MEERSBURG ex KONSTANZ! e.V., Schramberg, Schiffbauingenieur Butendeich, Kressbronn, in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt des Landes Baden-Württemberg und dem Deutschen Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven.

Zeit-Ziel ca. 2001, also 73 Jahre nach Indienstnahme, falls die gegebenen Umstände dies zulassen.

Grundlagen:


I. Baukonzept und Konstruktion 1928, historische Rahmenbedingungen

II. Instandsetzungskonzeption und Rahmenbedingungen, als Basis für den Grundsatzbeschluß durch den Verein.

zu I. Akten und Baupläne der Stadtwerke Konstanz und Bodan-Werft

        + Crewerfahrungen
        + zeitgen. Fotos /Presse
        + Bestandsaufnahme d. Vereins ´95
        + Gutachten des Landesmuseums für Technik und Arbeit, Mannheim, vom 29.06.1992
        + versch. Gutachten und Empfehlungen des Deutschen Schiffahrtsmuseums

zu II. Allgemeines:

Geplant ist die Instandsetzung der Fähre bis zur amtlich zugelassenen erneuten Fahrbereitschaft ca. 2001 mit folgender Zielsetzung:

Inbetriebnahme der historischen Fähre als Museumsschiff zur Dokumentation und Demonstration früher Technik und Schiffahrtsgeschichte, Fahrten auf Obersee, Seerhein, Untersee mit Fahrgästen; sowie ohne Fahrgäste bei besonderen Anlässen. Mindestbesatzung: ein Schiffsführer, ein Matrose. Mit den alten MWM-Dieseln zusätzlich ein Maschinist.

Kfz.-Fährdienste zu besonderen Anlässen wie Feste, Jubiläen, Vorführungen; logischerweise vom alten Fähranleger in Konstanz-Staad aus. Dort ist auch der Dauerliegeplatz anzustreben, um dem technischen Denkmalobjekt den angemessenen Rahmen zu geben.

Die Instandsetzung hat sich an folgenden Vorgaben zu orientieren:


Weitestmögliche Wiederherstellung des Urzustandes der Fähre von 1928 oberhalb und unterhalb der Schwimmlinie.

Zusätzlich zu den alten Dieselmotoren ist der Einbau von 2 Schottel Pump-Jet-Antrieben o.ä. im Schiffsrumpf anzustreben. Beim Einbau dieser Anlagen muß darauf geachtet werden, daß die ursprünglichen Fahreigenschaften des Schiffes mit den alten Originalmaschinen erhalten bleiben.

Hintergrund dieser grundsätzlichen Festlegung ist die Tatsache, daß das Fährschiff in seinem Urzustand nicht über die heute erforderlichen Fahr-und Manövriereigenschaften verfügte.

Begründung:


a. die heute wesentlich gesteigerte Verkehrsdichte

b. die durchweg beengten Hafenverhältnisse

c. Kursinstabilität und Seitenwindanfälligkeit, d.h. Abdrift aufgrund des ungünstigen Lateralplans

d. die relativ kleine Antriebsleistung

e. die Umsteuerträgheit der Motoren sowie die schwere Steuerbarkeit mit manuell bedienten Rudern.

Anmerkung: Frühere Schiffsführer der Fähre können obige Fakten belegen.

Ein realisierbarer Rahmen für die Restaurierung kann folgendermaßen aussehen:


1. Die alte Antriebsanlage (2 MWM-Dieselmotoren, Kompressoranlage usw.)

wird vollkommen überholt, einschließlich der beidseitigen Wellen-und Propelleranlagen. Die zulassungsfähig instandgesetzten alten Diesel werden für problemfreie, längere Geradeausstrecken mit begrenztem Manövrieranspruch auf freier Seefläche eingesetzt. Gesteuert wird hierbei mit der manuell bedienbaren Ruderanlage. Der alte Maschinenraum, einschließlich der dazugehörigen Installationen usw., wird ebenso original instandgesetzt.

2. Zur Fahrsicherheit Einbau von zwei zusätzlichen Antrieben.

Zwei neue/gebrauchte Dieselmotoren mit je einem Schottel Pump-Jet o.ä. an beiden Schiffsenden. Die Leistung der modernen Antriebsanlage sollte den alten 90 PS-Dieseln zumindest entsprechen. Tiefgang, falls nötig, durch Ballast etwas vergrößern.

Abnahmefähigkeit für gesamtes Antriebs- und Steuerkonzept ist Vorbedingung.

Zur Maschinenbedienung sind folgende Varianten möglich


    a. Die neue Antriebsanlage wird ausschließlich von einem der beiden Steuerhäuser, welches noch festzulegen ist, bedient. Aus diesem Steuerhaus heraus ist ebenso die Steuerung der historischen Maschinen möglich. Das andere Steuerhaus wird funktionsgerecht in den Originalzustand von 1928 zurückgebaut. Von hier wird ausschließlich die alte Antriebs- und Steueranlage auf konventionelle Art bedient.

    b. Die alte und neue Antriebsanlage kann von beiden Steuerhäusern aus bedient werden. Beide Steuerhäuser werden funktionsgerecht in den Originalzustand von 1928 zurückversetzt. Die Bedienelemente der neuen Maschinen werden integriert, indem sie z.B. verdeckt oder ausklappbar eingebaut werden.

3. Liegeplatzfragen: Vertäuung, Ver- und Entsorgung, Wasser- und E.-Anschluß, Sicherung, nach Erfordernis.


    Fahrbesatzung: 2 Personen (1 Schiffsführer, 1 Matrose).

    an Land: allg. Logistik, techn. Wartung. 2 Mann

4. Kostenrahmen bis Wiederinbetriebnahme 1,5 Mio.


Unterhalt und Folgekosten: ca. 150.000,- Jahr bei angestelltem Personal bzw. 50.000,- bei ehrenamtlicher Tätigkeit durch Vereinsmitglieder (Schätzung Deutsches Schiffahrtsmuseum).

5. Instandsetzungsteam

    Vereinsvorstand, Bauausschuß
    beratendes Museum und Denkmalschutzbehörde
    Projektleiter + Büro
    feste Arbeitscrew, zeitweise Helfer
    Kassenverwalter

6. Wenn über den bisherigen groben Instandsetzungsrahmen...

Beschluß und Protokoll vorliegen, müssen sämtliche Positionen an Hand eines Umbau-Generalplans 1:50 genauer beschrieben werden.

Ziel: Instandsetzungs-Baubeschreibung

Nach Diskussion und Beschluß ist auch diese weitere Stufe verbindlich.

Vorab-Nachweise für Tiefgang, Leckschwimmsicherheit, Rettungseinrichtungen, Stabilität usw. ergeben Gespräche mit der Abnahmebehörde.

7. Ergänzende Festlegungen

Schiffskörper:

Das alte Schiff ist weitgehend genietet. Bei der Restaurierung ist wieder die ursprüngliche Nietbauweise anzustreben. Mit Vorsicht und Augenmaß ist jedoch stellenweise auch Schweißung anwendbar. Deckshäuser, wo erkennbar, genietet. Fahrbahndeck Pitchpine kalfatert und vergossen wie Original.

Ankerausrüstung:

Alter Stockanker mit Davit. Eine zusätzliche, kurzfristig einsetzbare Ankereinrichtung ist aus Sicherheitsgründen zu erwägen.

Festmachen/Verholen:

Poller-und Windenanordnung sind je nach zukünftigem Liegeplatz zu ergänzen.

Materialschutz innen/außen:

Nach neuestem Standard.

Ausbaustandard:

Original "Fähre/Arbeitschiff, 1928", ergänzt durch vorschriftsbedingte Installationen, die für die Wiederinbetriebnahme 1998 unerläßlich sind.

Steuerhäuser:

2 Stück; wegen wahlweise 2 Antriebsarten, evtl. unterschiedlich ausgestattet.

Elektroanlagen:

Komplett neu, laut Vorschriften: Beleuchtungen, Positionslampen, Scheinwerfer, Radar (bereits gespendet von den Stadtwerken), Elektro-Überwachungsanlagen im erforderlichen Umfang.

Schiffsname:

Evtl. KONSTANZ I (entsprechend Restaurierungsziel: Zustand 1928)

Inventar:

Nach Vorschrift und Nutzung. Stauräume unter und über Deck.

Nutzungskonzept

Spätere Nutzung der Fähre zur Deckung der Unterhaltskosten:


    Museumsschiff zur Demonstration früher Technik, Teilnahme an lokalen Jubiläen und Feierlichkeiten. Tages-, Ausflugs-, Gesellschafts- und Demonstrationsfahrten mit Fahrgästen. Maximale Fahrgastzahl ca. 80-100 Personen, entspr. Decksfläche. Kleinkunst-, Theater-, Riverboat-, Feuerwerk- und Sightseeingfahrten, Regattabegleitung. Sonderfahrten mit Behinderten oder im Sommer für den Fahrradtourismus.

    Dies alles mit begrenztem Wetterschutz mittels Sonnen-/Regensegel bzw. in den vier Deckshäusern. Saubere Arbeitseinsätze spezieller Art sind möglich.

    Einfache Bewirtung von einem Deckshaus aus oder mit mobilen Einrichtungen, Stauraum für Stühle/Tische, Kühlmöglichkeit usw. unter Deck. Mobile Speisenanfuhr, Musikanlage, Tanzfläche, Konzertpodest, bewegliche Beleuchtungen, Sanitäranlage mit Toiletten, Wasser- /Abwassertank.

    Historisch nicht vorhandene Einrichtungen können jeweils mobil in Form von Spezialfahrzeugen, ‘getarnten’ Containern (z.B. Behindertentoilette) oder demontierbaren Aufbauten an Deck aufgestellt werden.

    Management durch eigenes Team oder Vergabe an professionellen Vercharterer.

Liegeplatz:


Der Originalanleger in Staad ist als Dauerliegeplatz anzustreben. 3 - 4 variable Liegeplätze an Obersee, Überlingersee und Untersee. Absprache mit Gemeinden.

Kooperation mit anderen Schiffahrtsunternehmen, Reise- und Tourist-Büro usw.